Leben mit Schizophrenie: Wege zur Stabilität und Selbstbestimmung

Nach wie vor handelt es sich bei der Schizophrenie um eine schwere Erkrankung und die Diagnose ist ein schwerer Schlag für Betroffene und deren Angehörige.

Entgegen der weit verbreiteten Auffassung ist die Erkrankung nicht angeboren und somit im Kindes- und Jugendalter nicht sichtbar. Sie beginnt aber meist schon im jungen Erwachsenenalter (zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr, aber manchmal auch erst deutlich später) und begleitet die Betroffenen oft ein Leben lang.

Dennoch gibt es aber auch gute Nachrichten: Während Betroffene früher oft ihr ganzes Leben in einer Klinik („Nervenheilanstalt“) verbringen mussten, war dies für die meisten ab den 1960er-Jahren nicht mehr notwendig. Damals wurden Medikamente entdeckt, die die Erkrankung zwar nicht vollständig heilen, aber doch so deutlich bessern können, dass die Meisten ein selbstbestimmtes, „normales“ Leben führen können. Allerdings waren sie oft nicht gesund genug für ein normales Berufsleben, was auch an den z.T. schweren Nebenwirkungen der damaligen Medikamente lag. Viele wurden frühverrentet. Glücklicherweise gibt es aber seit etwas mehr als 20 Jahren neue wirksame Medikamente, die wesentlich besser vertragen werden und den Erkrankten ein ganz normales Arbeitsleben ermöglichen.

Woran erkennt man die Erkrankung?

Am häufigsten kommt die sog. „paranoid-halluzinatorische“ Form vor. Paranoid heißt auf deutsch wahnhaft. Die Betroffenen leiden z. B. unter der krankhaften Überzeugung, dass andere Menschen, oft ganz fremde und unbeteiligte, sie verfolgen, beobachten, abhören, vielleicht sogar ihre Gedanken lesen können. Typisch ist, dass dabei die Betroffenen vollständig davon überzeugt sind und sich dies nicht von Anderen ausreden lassen (so gut dies auch gemeint sein mag).

Halluzinationen sind Trugwahrnehmungen. Es werden also Dinge gesehen, gehört, gerochen oder auf der Haut gespürt, die nicht vorhanden sind. Besonders typisch sind akustische Halluzinationen, die Betroffenen hören Stimmen von Personen, die aber gar nicht anwesend sind und von den Umstehenden auch nicht gehört werden können. Da sie durch eine Fehlfunktion des Gehirnes die Stimmen tatsächlich hören, sind sie auch von deren tatsächlicher Existenz überzeugt. Oft suchen Erkrankte nach der Quelle der Stimmen, z. B. versteckten Lautsprechern in der Wand usw. Manche verstopfen sich die Ohren oder setzen Kopfhörer auf, in der Hoffnung die Stimmen zu dämpfen. Daneben treten oft auch noch weitere Krankheitsbeschwerden auf, welche nicht nur bei der Schizophrenie vorkommen, wie z.B. Unruhe, Ängste, Depressivität, Schlafstörungen, Störungen der Gedanken („den roten Faden verlieren“), unpassende Glücksgefühle usw. Von diesen Krankheitszeichen können viele auf einmal auftreten, manchmal aber nur einige wenige, was dann die Diagnose etwas schwieriger machen kann.

Die Krankheitszeichen können sehr dramatisch und für die Mitmenschen deutlich sichtbar sein. Sie können aber auch nur im Stillen ablaufen, d.h. Betroffene erleben zwar Dinge wie z. B. Stimmenhören, berichten aber Anderen nicht darüber. Mitunter bleiben daher Erkrankungen lange unerkannt. Teilweise sind nur ein schulischer oder beruflicher Leistungseinbruch („Leistungsknick“), oft verbunden mit völligem sozialem Rückzug, die einzigen Krankheitszeichen. Eine fachärztliche psychiatrische Untersuchung ist wichtig.

Behandlung der Schizophrenie

Wie bereits oben angedeutet, ist die medikamentöse Behandlung die Therapie der Wahl. Vor Einführung der entsprechenden Medikamente war die Erkrankung schlichtweg nicht behandelbar. Bei den Medikamenten handelt es sich um sog. „Antipsychotika“ (zu deutsch: Mittel gegen Psychosen, wobei Psychose psychische Krankheit bedeutet und hier speziell die Schizophrenie gemeint ist, man spricht nämlich auch häufig von „schizophrenen Psychosen“).

Die Antipsychotika zählen zu den Psychopharmaka. Dies ist nicht weiter erstaunlich, weil Psychopharmaka auf deutsch „Medikamente, die auf die Psyche wirken“ bedeutet. Es gibt auch andere Psychopharmaka, die je nach Krankheitsbild verwendet werden. So gibt es z.B. stimmungsaufhellende Medikamente („Antidepressiva“), angstlösende („Anxiolytika“), beruhigende und schlaffördernde Medikamente („Tranquilizer“). Entgegen der häufigen Meinung sind nicht alle Psychopharmaka Beruhigungsmittel, auch wenn Beruhigungsmittel zu den Psychopharmaka gehören. Eine Behandlung mit Psychopharmaka bedeutet daher nicht automatisch die ausschließliche „Ruhigstellung“, wie man häufig hört. Im Gegenteil: Ziel einer optimalen Psychopharmaka-Behandlung der Schizophrenie ist, Krankheitszeichen wie Wahn oder Halluzinationen völlig zum Verschwinden zu bringen, ohne die Betroffenen müde zu machen. Nur so ist eine Wiederherstellung z.B. der beruflichen Leistungsfähigkeit überhaupt möglich. Beruhigungsmittel kommen nur dann zum Einsatz, meistens auch nur am Anfang der Behandlung, wenn starke Ängste, Unruhe oder Schlafstörungen es erfordern. Ziel der medikamentösen Behandlung ist also ganz klar: der oder die Kranke soll fit und leistungsfähig werden und nicht unter Tagesmüdigkeit („Ruhigstellung“) leiden. Nicht immer gelingt dies auf Anhieb, manchmal muss länger nach dem passenden und individuell am besten verträglichen Medikament gesucht werden.

Mit der Medikation kann Dreiviertel der Erkrankten geholfen werden, nur bei etwa einem Viertel wirken die Medikamente nicht zufriedenstellend.

In der Behandlung werden auch psychotherapeutische Verfahren angewandt, diese können unterstützen, aber nicht die Medikamente ersetzen. Zudem gibt es auch noch Übungs- und Trainingsmaßnahmen (siehe unten).

Verlauf der Schizophrenie

Bei der Schizophrenie handelt es sich um eine sog. schubförmige Erkrankung, d.h. es entstehen Krankheitsschübe, die Wochen bis Monate dauern, dann wieder abklingen und nach einem krankheitsfreien Intervall als neuer Schub wieder aufflackern. Die Intervalle, also die Abstände zwischen den Schüben, dauern normalerweise ein bis mehrere Jahre. Es gibt ungünstige Verläufe, wo sie nur wenige Wochen oder Monate dauern und günstige Verläufe, bei denen 10 oder mehr Jahre zwischen den Schüben liegen. Durch die Medikamente werden die Schübe kürzer und viel seltener.

In 20-30% der Fälle tritt nur ein einziger schizophrener Schub auf, ohne dass es zu weiteren Schüben kommt. Daher setzt man die Medikamente ein Jahr nach dem ersten Schub versuchsweise ab. Kommt es zu einem erneuten Schub, wird dieser wieder mit Medikamenten behandelt und erst frühestens nach 3 Jahren ein Absetzversuch unternommen.  Nach dem dritten Schub überlegt man, die Medikamente zur Vorbeugung auf Dauer zu empfehlen.

Schizophrenie und Beruf

Wurden früher noch die meisten Menschen mit schizophrener Erkrankung frühverrentet, ist es dank der modernen medikamentösen Therapie heute sehr vielen Betroffenen möglich, trotz und mit der Erkrankung arbeiten zu gehen. In speziellen Rehabilitationskliniken, wie z. B. der Celenus Klinik Ortenau, haben die Patienten und Patientinnen die Möglichkeit, nach einem akuten Krankheitsschub ihre Leistungsfähigkeit durch entsprechendes Training wiederaufzubauen: hier finden handwerkliches Training der Fertigkeiten, aber auch Training von Gedächtnis und Konzentration am Computer statt. Voraussetzung ist natürlich, dass sich die Erkrankung nicht mehr im akuten Schub befindet (dann ist zunächst eine Krankenhausbehandlung notwendig), sondern der Schub schon abgeklungen ist (die Krankheit ist „endaktualisiert“). Erst dann ist eine Übungsbehandlung möglich. In der Rehabilitation wird auch darauf geachtet, dass spätestens jetzt die Medikamente so optimal verträglich eingestellt werden, dass sie die Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigen.

An diese sog. „Medizinischen Rehabilitation“ kann sich in bestimmten Fällen noch eine „Berufliche Rehabilitation“ mit gezieltem Arbeitstraining oder Qualifizierungsmaßnahmen anschließen. Hierzu beraten wir die Betroffenen gerne und helfen bei der Vermittlung.

Die Rehabilitation wird von der gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt. Hierfür gibt es ein spezielles Antragsverfahren, was sowohl die niedergelassenen Fachärzte, als auch die psychiatrischen Krankenhäuser kennen. Fragen Sie danach.